FORUMnovum Dynamic Publishing
Die Realisierungschancen
Von technischer Seite stünden dem Projekt kaum Hürden entgegen.
Für das Anpassen der ohnehin vorhandenen Software FORUMnovum an
die Erfordernisse eines Dynamischen Journals und das Aufsetzen einer
Pilotzeitschrift wurden sechs Mannmonate veranschlagt. Wie aber die
Teilnahme am Geschäftsplan-Wettbewerb von promotion Nordhessen
gezeigt hat, sind hinsichtlich der ökonomischen
Erfolgswahrscheinlichkeit Zweifel angebracht.
In der einschlägigen Fachliteratur
werden eine Reihe von Erfolgskriterien für das elektronische
Publizieren diskutiert:
- Gewährleistung der Dokumentenechtheit,
- zweifelsfreie Feststellbarkeit des Autors,
- eindeutige Identifizierbarkeit der Dokumente,
- Sicherstellung der langfristigen Bewahrung und Zugänglichkeit,
- Klärung des Copyrights.
Für diese genannten Anforderungen sind technisch-organisatorische
Lösungen in Sicht. Ein wesentlicher Schritt, um die langfristige
Bewahrung und Überprüfbarkeit der Dokumentenintegrität
sicherzustellen, könnte neben der fortlaufenden elektronischen
Migration auf aktuelle technische Standards darin bestehen, von jedem
Artikel eine geringe Zahl von Papierexemplaren in ausgewählten
Nationalbibliotheken zu deponieren. Die Kostenvorteile des
elektronischen Publizierens würden dadurch nicht aufgezehrt,
denn die Artikel könnten mit sehr geringen Kosten automatisch
auf einem Laserdrucker ausgedruckt werden - allerdings ohne
einheitliches Layout. Auch dürfte das elektronische Migrieren
weit billiger sein als die platzraubende Aufbewahrung und dauerhafte
Konservierung von hunderten Papierausgaben eines Journals.
Ein anderer Schritt besteht darin, künftig jeden einzelnen Artikel
anstelle ganzer Zeitschriftenhefte in den Bibliothekskatalogen zu
erfassen und so für eine eindeutig Identifizierung zu sorgen.
Diese fortlaufende Klassifizierung setzt sich mittlerweile bei vielen
elektronischen Journalen durch.
Die Frage des Copyrights ist bei wissenschaftlichen Journalen nicht so
entscheidend, da deren Artikel nicht aus kommerziellen Motiven
geschrieben werden. Im Grunde hat jeder Wissenschaftler ein Interesse
an maximaler Verbreitung seiner Gedanken. FORUMnovum Dynamic
Publishing sieht daher vor, das Copyright beim Autor zu belassen.
Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt aber, dass sich das rein
elektronische Publizieren trotz vieler (potentieller) Vorteile und
richtungsweisender Lösungsansätze für die oben
genannten Erfolgsbedingungen nur sehr langsam etabliert. Der
Hauptgrund ist im mangelnden Vertrauen in die neuen elektronischen
Journale zu suchen. Wissenschaftler veröffentlichen bevorzugt
dort, wo sie die größten Chancen sehen, dass ihre Artikel
auch gelesen werden. Hier haben gut eingeführte Printjournale
einen unschlagbaren Vorteil. Wie die Erfahrung der letzten Jahre
gezeigt hat, sind gegen diesen Vertrauensvorschuss selbst
elektronische Journale wie das New Journal of Physics, die von
honorigen Standesorganisationen wie der Deutschen Physikalischen
Gesellschaft getragen werden, nahezu chancenlos. Aufgrund des Mangels
an Vertrauen werden nur unattraktive Artikel dort platziert, die
andernorts nicht unterzubringen sind, was wiederum den schlechten Ruf
nur bestärkt.
Hinzu kommt, dass die Verlage ihrem drohenden Bedeutungsverlust nicht
tatenlos zusehen. Beispielsweise akzeptieren viele Verlage keine
Manuskripte, die bereits andernorts elektronisch publiziert worden.
Damit wird das Zugeständnis elektronischer Journale, das
Copyright beim Autor zu belassen und ihm die Möglichkeit zum
Nachdruck einzuräumen, faktisch wertlos. Außerdem zeigt
die Lobbyarbeit der Verlage erste Früchte, wie z. B. die
politischen Diskussionen um den Preprint-Server in Las Alamos gezeigt
haben. Es wird bestritten, dass es eine legitime Aufgabe der
wissenschaftlichen Gemeinschaften wäre, ihre Kommunikation
selbst zu organisieren. Die etablierte Arbeitsteilung zwischen
Wissenschaftlern, Verlagen und Bibliotheken solle nicht angetastet
werden. In einem solchen Umfeld dürfte es sehr schwer werden,
die notwendigen politischen Kräfte zu mobilisieren, um die
notwendige Reallokation der Finanzmittel im wissenschaftlichen
Publiaktionsgeschäft zu bewerkstelligen, die radikale Konzepte
wie FORUMnovum Dynamic Publishing für ihren Erfolg erfordern
würden.
Aus den vorgenannten Gründen wurde das Konzept im
Geschäftsplan-Wettbewerb promotion Nordhessen 2001 negativ
beurteilt. Der Verfasser hat deshalb von dem Versuch einer
Realisierung abgesehen.
Last modified: Sun Jun 27 12:59:29 CEST 2004
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